Kontakt
Jochen Hiester
Koblenz
j.hiester@gmx.de
Es erscheint 3-4mal pro Jahr ein kostenloser Rundbrief, der per mail an Jochen Hiester abonniert werden kann
Der Arbeitskreis veröffentlicht regelmäßig Dokumentationen seiner Veranstaltungen. Diese finden sich allesamt weiter unten.
Da ist einiges entstanden – Methodentipps, Konzepten zur Kurspräsentation, Aufarbeitung von Stolpersteinen in der Anwendung der Gewaltfreie Kommunikation in Schulen, u.a.. Da lohnt es sich zu stöbern.
Es erscheint zwei bis viermal pro Jahr ein kostenloser Rundbrief, der per E-Mail an Jochen Hiester abonniert werden kann.
Ziele
- Vernetzung von Multiplikator:innen, die die Gewaltfreie Kommunikation in Schulen etablieren wollen
- Erfahrungsaustausch zu Möglichkeiten der Integration von Gewaltfreier Kommunikation in Schulen, insbesondere hinsichtlich
- Vorbereitung und Durchführung von Trainings für Schüler:innnen, Lehrkräften & Eltern
- Beratung für Lehrkräften auf Grundlage der Gewaltfreien Kommunikation
- Sicherstellung der Nachhaltigkeit der angebotenen Maßnahmen
- Organisation, Rahmenbedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten
- Sammlung geeigneter Methoden, Materialien und Konzepte für Trainings in Schulen sowie von Evaluationen/Wirksamkeitsstudien von solchen Trainings
- Entwicklung von Empfehlungen, die andere animieren, ebenfalls als Multiplikator:in aktiv zu werden
- Information zum aktuellen Stand, was die Gründung erster „Giraffenschulen“ im deutschsprachigen Raum angeht
- Verbreitung von Stellenanzeigen von Gründungsinitiativen von „Giraffenschulen“
- Vernetzung und Austausch mit Initiativen, die ähnliche Zukunftsvisionen wie die der Gewaltfreien Kommunikation an Schulen verfolgen
Kommen euch diese Sätze bekannt vor?
Der Arbeitskreis hat einiges an Antworten / Ideen / Anregungen dazu zusammengetragen.
„Das geht mit 30 Kindern nicht!“
„Das geht mit 30 Kindern nicht!“
– eine selbst erlebte Geschichte erzählen, bei denen einem die Anwendung der GFK mit 30 Kindern sehr wohl gelungen ist
– verdeutlichen, dass wenn ich einem Kind in einer Gruppe Empathie gebe, dies oft große Wirkungen auf alle anderen hat. Wenn ein Kind erlebt, dass es von einem Erwachsenen in einem wichtigen Thema voll und ganz verstanden wird, hat dieser Erwachsene bei Kindern, die dieses nur beobachten, ebenfalls einen dicken Verständnisbonus gesammelt
– andere Kinder können mit einbezogen werden in GFK-Prozesse, der Lehrer hat nicht alles alleine zu bewerkstelligen, oft sind Kinder sogar die besseren Zuhörer für Gleichaltrige
– Exkurs über den Mut machen, den es braucht vor einer Gruppe von seinen Gefühlen und Bedürfnissen zu sprechen. Wenn wir uns als Erwachsene verletzlich zeigen, ernten wir dafür oft große Wertschätzung
– Exkurs über den womöglich fehlenden Rückhalt im Kollegium machen, Sehnsucht nach Gemeinschaft, dem Wunsch das alle Kollegen an einem Strang ziehen, gegenseitige Unterstützung bei Veränderungsprozessen
„Das ist viel zu schwer!“
„Das ist viel zu schwer!“
– Wenn wir Anfänger auf einem Gebiet sind, z.B. dem Erlernen der GFK, macht es keinen Sinn sofort auf „Spielfeldern“ zu spielen, die einen hoffnungslos überfordern. „Welche Spielfelder weisen jetzt für Sie einen Schwierigkeitsgrad auf, dem Sie sich gewachsen fühlen?“, als Anfänger Spielfelder jenseits von Schule suchen, z.B. im Supermarkt, mit dem Nachbar, etc.
– Zu Beginn einer Lehrerfortbildung womöglich überzogenen Erwartungen der TN hinsichtlich zu erzielenden Fortschritte vorbeugen: GFK zu lernen ist vergleichbar mit dem Lernen einer Fremdsprache, GFK lernen bedeutet Gedankenmuster zu verändern, die wir unser Leben lang verinnerlicht haben
„Das ist nicht anwendbar!“
„Das ist nicht anwendbar!“
– Sicherlich ist es nicht jederzeit anwendbar, oft sogar nur selten so wie es im Schulalltag oft zugeht. Ich finde aber, dass es sich dennoch lohnt, auch wenn man als Lernender nur bei einem Bruchteil aller möglichen Fälle eine Anwendung versucht. „Was es wert ist getan zu werden, ist es auch wert unvollkommen getan zu werden“ (Marshall Rosenberg), wie im Film Schindlers Liste können wir wie die Hauptrolle uns dafür entscheiden daran zu verzweifeln wie viele Menschenleben sie nicht retten konnte oder sich dafür entscheiden sich bewusst zu machen „Wenn du ein Leben rettest, rettest du die Welt“ Wenn es mir gelingt nur einen von 20 Konflikten an einem Schulalltag frühzeitig zu deeskalieren, z.B. nur in dem ich eine Bewertung eines anderen Schülers zeitnah in einer Beobachtung übersetzt habe, habe ich für diesen Schultag schon viel gewonnen.
– Exkurs zu der Frage, wie die Ausbildung der Lehrer abgelaufen ist. War es nicht so, dass im Vordergrund Ihrer Ausbildung stand, wie man etwas nicht machen sollte anstatt Modelle an die Hand zu bekommen, die in der Praxis einfach funktionieren? Wurden sie nicht immer und immer wieder überwiegend kritisiert in Ihrer Ausbildung? Dementsprechend sind sie durch ihre Ausbildung regelrecht geschult darin die Defizite an neuen Ansätzen zu sehen, die andere Ihnen präsentieren, oder? Lehrer sind talentiert darin „halbleere Gläser“ zu sehen. Der Blick für „halbvolle Gläser“ kann eingeübt werden.
Ein Weg dazu bei mehrtägigen Lehrerfortbildungen: Jeden weiteren Seminartag damit beginnen, dass bis zu 3 TN gebeten werden von einem persönlichen Fortschritt in der Anwendung der GFK im eigenen Alltag zu berichten und dieses Teilen mit einem kleinen Ritual in der Gruppe zu feiern („Möchten Sie für Ihr Teilen etwas von der Gruppe zurück haben, um es zu Feiern?“) (Applaus, etc.)
„Das verstehen Kinder doch sowieso nicht!“
„Das verstehen Kinder doch sowieso nicht!“
– Im Gegenteil: Kinder erwerben die Haltung der GFK zumeist schneller als Erwachsene. Ihr Geist ist im Vergleich zu unseren Erwachsenen weitaus weniger lange der Wolfswelt ausgesetzt.
– Kinder sagen oft noch sehr klar ja und nein. Erst in späteren Jahren gewöhnen sie sich zunehmen an wie ihre erwachsene Vorbilder „um den heißen Brei herumzureden“.
– eine selbst erlebte Geschichte erzählen, bei der ein Kind in jungen Jahren erfolgreich einen eigenen Konflikt gelöst hat oder einen mediiert hat
– verweisen auf Erfahrungen aus Kindergärten, in denen 4-jährige regelmäßig Konflikte von Gleichaltrigen mediieren. Dies gelingt u.a. weil die Komplexität von Konflikten mit dem Alter zusammen hängt. Je jünger Kinder sind, umso leichter sind deren Konflikte zu mediieren. Die Konfliktkompetenzen von Kindern können mit der steigenden Konfliktkomplexität wachsen
– Kinder fragen überwiegend einfach nach, wenn Erwachsene Fragen an sie stellen, die sie überfordern. Damit schützen sie sich selbst weitgehend vor Überforderung. Dadurch sind Erwachsene eingeladen ihre Frage nochmals in leichter verständlicher Form erneut zu stellen. Richtung Jugendalter nimmt diese Unbekümmertheit im Nachfragen leider ab.
„Das sieht der Lehrplan nicht vor!“
„Das sieht der Lehrplan nicht vor!“
– Mehrwert von GFK-Trainings für Schüler sichtbar machen. Lehrplan lässt sich eher einhalten, wenn Schüler Kompetenzen entwickelt haben, wie sie die GFK vermittelt.
– Wie viel Zeit verbringen sie mit dem Regulieren von „Unterrichtsstörungen“?
– Einige Punkte im Lehrplan werden durch GFK-Trainings auch vermittelt:
o Kommunikations- und Konfliktfähigkeit
o Spracherwerb, Wortschaft, Einübung klarer Formulierungen
o Bewerbungstraining, Kompetenzen für Vorstellungsgespräche
o Spannungsbogen in Aufsätzen entwickeln, v.a. über einen größeren Gefühlsausdruck
„Da stehen die Eltern doch nicht dahinter!“
„Da stehen die Eltern doch nicht dahinter!“
– Angebot machen für GFK-Elterninfoabend, GFK-Elternseminar, Teilnahme des Trainers während eines regulären Elternabends
– Zusammen setzen mit Elternbeirat
– Provokation (Möchten Sie auf ein hilfreiches Werkzeug verzichten, nur weil andere dieses Werkzeug nicht verwenden wollen?)
– Worst case-Szenarien entwickeln. Was kann schon schlimmes passieren, wenn die Eltern die GFK nicht zu Hause anwenden, wenn Sie in ihrem Unterricht damit erfolgreich sind?
„Wir können hier doch nicht über Gefühle reden!“
„Wir können hier doch nicht über Gefühle reden!“
– Sie haben einen pädagogischen Auftrag, z.B. Einübung von Authentizität
– Erkenntnisse der Psychologie, Demonstration von Doppelbotschaften um deutlich zu machen wie wichtig Gefühle im Alltag sind Bewusstsein über eigene Gefühle ist die Grundlage für bewusstes Handeln und damit die Grundlage damit Menschen lernen Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen
– Lehrplan: Spannungsbögen in Aufsätzen werden über Gefühle entwickelt, Wortschatzerweiterung, Sprachkompetenz
– Klarheit darüber ob ich als Rolle oder als Mensch leben möchte, eine Rolle braucht keine Gefühle
– Zugang zum Thema Gefühle über eine Übung mit positiven Gefühlen erleichtern Wertschätzung demonstrieren, „Empathie für die Freude“
„Mit einigen meiner Schüler funktioniert das niemals!“
„Mit einigen meiner Schüler funktioniert das niemals!“
Das mag schon sein. Nur: Wenn es mit einigen Schülern nicht funktioniert, warum sollte man es denn nicht dennoch bei den Schülern einsetzen, bei denen es funktioniert. Angenommen Sie würden bei 90% Ihrer Schüler erleben, dass sich nach und nach der Kontakt zueinander bessert und die Bereitschaft der Schüler steigt mit Ihnen aus freien Stücken zu kooperieren. Fänden Sie es dann lohnenswert sich hiermit auseinander zu setzen, auch wenn bei 10% der Schüler alles beim alten bliebe?
– Wenn Sie dies bei den Schülern erfolgreich anwenden, bei denen es funktioniert, kann dies auch Auswirkungen auf die Schüler haben, bei denen es direkt nicht funktioniert. Ich habe in meiner Arbeit mit Schulklassen schon oft erlebt: Gebe ich einem Schüler vor den Augen der anderen Einfühlung, wirkt das oft so, als ob ich allen Einfühlung geben würde.
– Woran machen Sie fest, dass das funktioniert? Wenn Sie mit „Funktionieren“ meinen, dass die Schüler fortan das tun was Sie wollen, gebe ich Ihnen recht. Das ist auch nicht das Ziel der GFK. Sie ist ein Mittel damit Sie mit Ihren Schülern leichter in Verbindung kommen können. Wenn Sie Gehorsam haben wollen, gibt es weitaus bessere Mittel als die GFK, z.B. mit Belohnung und Bestrafung zu
arbeiten. Allerdings haben diese Mittel einen hohen Preis.
– Es kann sein, dass bestimmte Schüler sich durch die Anwendung dessen nicht verändern. Es kann aber durchaus sein, dass Sie sich verändern, z.B. dass sich Ihre Einstellung gegenüber genau den Schülern nach und nach ändert, von denen Sie jetzt sagen, dass das mit denen niemals funktioniert. Und dass solche Veränderungen bei Ihnen große Wirkungen auf die Beziehung zu ihren Schülern haben kann.
– Ob es funktioniert oder nicht, können Sie erst dann wissen, wenn sie es ausprobiert haben, oder?
„Wir sind doch keine Therapeuten!“
„Wir sind doch keine Therapeuten!“
Ja, das stimmt.
– Ich möchte mit dem was ich Ihnen hier vorstelle, nicht sagen, dass Sie künftig noch mehr Aufgaben als jetzt schon wahrnehmen sollen. Sie sind Lehrer und haben damit sicherlich schon mehr als genug zu tun. Ich möchte Ihnen hiermit lediglich nahe legen sich diese Mittel zu eigen machen damit Sie Ihre ureigenen Aufgaben als Lehrer wieder in einer größeren Leichtigkeit machen können. Ich hoffe, dass die Auseinandersetzung hiermit v.a. für Sie heilsam ist. Ich vermute, dass Sie selbst als erstes davon profitieren, wenn Sie zunehmend leichter erkennen welche Bedürfnisse sich Schüler mit bestimmten Verhaltensweisen erfüllen, mit denen Sie nicht einverstanden sind, so dass Sie zunehmend seltener Gefahr laufen diese Verhaltensweisen als gegen Sie gerichtet zu deuten. Mir persönlich hat nämlich alleine das schon meine jahrelange Arbeit mit Schülern erheblich erleichtert.
– Wenn Ihnen dieser „Therapeuten-Quatsch“ in Ihrem Alltag etwas nützt, warum sollten Sie ihn dann nicht nutzen, auch wenn Sie kein Therapeut sind?
– Wenn Sie keine Lust haben einem Schüler Einfühlung zu geben, dann machen Sie das auch bitte nicht. Die Wahrscheinlichkeit wird zudem eh hoch sein, dass Ihre Einfühlungsversuche beim anderen nicht ankommen, wenn Sie diese nicht aus echtem Interesse am anderen erfolgen.
„Das Leben ist doch kein Wunschkonzert / Ponyhof!“
„Das Leben ist doch kein Wunschkonzert / Ponyhof!“
Sie meinen also, dass es gut wäre wenn Schüler lernen Pflichten zu erfüllen und dieses auch dann zu tun wenn es ihnen keinen Spaß macht? Ich stimme da nicht zu. Ich meine, dass es v.a. wichtig ist, dass Schüler lernen herauszufinden, was ihnen liegt, was ihnen Freude bereitet, worin sie gerne ihre Energie stecken. Denn ich mag Schüler lieber darin unterstützen ihre Eigenmotivation zu kultivieren als so etwas wie Gehorsam. Und ich glaube, dass Eigenmotivation der Schlüssel dazu ist, dass Schüler sich zunehmend darin üben Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Ich halte dies für enorm wichtig angesichts veränderter Arbeitsbiographien.
– Sie meinen also, dass Sie es ablehnen Schülern in solch hohem Maße Wahlfreiheiten zuzugestehen, da unsere Gesellschaft uns ganz oft angeblich keine Wahl lässt? Und dass es daher gut wäre, wenn sich Schüler an bestimmte Zwänge von Anfang an gewöhnen? Ich bin der Meinung, dass Menschen in unserer Gesellschaft oft weitaus mehr Wahlfreiheit haben, als sie glauben. Ich mag Ihnen dazu erzählen was Marshall Rosenberg in einem seiner Seminare erlebt hat (Geschichte von der Frau, die nicht mehr für ihre Familie kochen wollte)…
– Ich bin der Meinung, dass Menschen in unserer Gesellschaft oft weitaus mehr Wahlfreiheit haben, als sie glauben. Sind Sie bereit sich auf ein Experiment einzulassen, bei dem sie genau dies an eigenen Beispielen erleben können:
Übung:
Bitte schreiben Sie bis zu 10 Sätze auf zu der Frage: Was müssen Sie immer wieder tun, was Sie nicht gerne tun? Beginnen Sie dabei jeden Satz mit „Ich muss“ und fügen sie diesem lediglich ihre jeweiligen Handlungen an. Lassen Sie nach jedem Satz eine Zeile frei, da ich Sie später bitten werde andere Formulierungen dieser Sätze einzufügen.
Ein Beispiel: „Ich muss einmal im Jahr meine Steuererklärung machen.“
Wandeln Sie ihre Sätze jetzt um, indem sie in die jeweils freien Zeilen jetzt die Sätze erneut schreibt. Beginnen Sie die Sätze allerdings anstatt mit „Ich muss“ mit „Ich entscheide mich“. Und ergänzen Sie diese Sätze, mit einer Begründung, die die folgende Frage in dem jeweiligen Kontext beantwortet:
In welcher Form würde Ihr Leben durch ihre Entscheidung reicher, schöner, wertvoller für Sie werden?
Achten Sie bitte darauf, dass Ihre Begründungen statt dessen nicht auf Varianten der oben genannten Amtssprache herauslaufen. Aus „Ich muss einmal im Jahr meine Steuererklärung machen.“ wird so: „Ich entscheide mich meine Steuererklärung zu machen, weil das Geld, dass ich dadurch vom Staat an zuviel gezahlten Steuern zurück bekomme zu meiner finanziellen Sicherheit beiträgt.“
Anschließend Reflexion der Übung:
– Bitte vergleichen Sie jetzt mal Ihre ursprünglichen Sätze mit den neuen, umformulierten. Wie wirken die neuen, umformulierten Sätze jetzt auf Sie?
Ich würde gerne zudem mit Ihnen mal überlegen: Was würde wirklich passieren, wenn Sie … plötzlich nicht mehr tun würden? Was meinen Sie, was über Sie denken würden, wenn Sie dies nicht mehr tun würden… Diffusen Ängsten vor Strafe oder Ablehnung auf den Grund gehen und dabei beständig checken, wie realistisch es ist, dass bestimmte Befürchtungen
eintreten könnten.
– Das hört sich so an als ob sie sagen wollen: Es gibt nun mal Regeln, die man zu befolgen hat, egal ob man möchte oder nicht. Ich schlage vor jede Regel daraufhin zu befragen, welche Bedürfnisse damit erfüllt werden, wenn Menschen diese Regel befolgen. Und falls man mal nicht herausfinden kann, welchen Bedürfnissen die Befolgung einer Regel dient, empfehle ich die Regel nicht zu befolgen.
– Siehe auch den ersten Punkt bei „Austausch zu der Frage: „Was brauchen Lehrer?“ “
– Die Selbstregulation erfolgt über Erfahrungen, die man sammelt, nicht über Belehrungen durch andere. Egal wie oft Sie einem Schüler sagen, er müsse … tun. Er wird ihnen dies erst dann glauben, wenn er durch vielfache Erfahrungen zu dem Schluss gekommen ist, dass es das Beste ist was er tun kann sich bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen.
– Wie wirken die neuen, umformulierten Sätze jetzt auf Sie? Spüren Sie einen Unterschied und wenn ja welchen? Was würde passieren, wenn Sie einem Schüler in einer bestimmten Angelegenheit seine Wahlfreiheit zugestehen würden. Angenommen ein Schüler weigert sich seine Hausaufgaben zu machen. Welche Folgen hätte dies für den Schüler? Welche Folgen hätte dies für Sie als sein Lehrer? Können Sie es jetzt wirklich wissen, welche späteren Folgen die Entscheidung des Schülers jetzt keine Hausaufgaben zu machen, auf sein Leben haben wird oder ist dies nur eine Vermutung? Wer trägt die Verantwortung für die Entscheidung des Schülers: Sie oder der Schüler?
– Was lernen Schüler wirklich, wenn sie gegen Ihren Willen gezwungen werden etwas bestimmtes zu lernen? Wie lange werden sie dieses Wissen wohl präsent haben?
(Diese Frage führte zu einem längeren Austausch unter uns zu der These „Lernen braucht Begeisterung“. Dabei trugen wir einiges zusammen, z.B.:)
Gehirnforscher wie Gerald Hüther argumentieren mit ihren durch ihre Forschungen gewonnene Erkenntnisse dafür den Faktor Begeisterung beim Schaffen von Lernsettings mehr zu berücksichtigen. Deren Argumente können wir in Lehrerfortbildungen gut nutzen. Wenn Menschen etwas lernen und dabei Widerwillen empfinden, wird das Gelernte weitaus weniger „hängen bleiben“, als wenn das
Lernen mit Begeisterung geschieht. Wer etwas gegen seinen Willen lernt, lernt aus Angst vor Strafe. Dadurch wird während des Lernens das Gefühl der Angst dabei „mitgelernt“. Wenn etwas unter Angst gelernt wird, ist dieses Gelernte nicht frei verfügbar. Und da das Reproduzieren des Gelernten dieses Gefühl der Angst reaktiviert, haben viele Menschen Prüfungsängste. In Prüfungssituationen haben deswegen Menschen so oft einen Blackout: Obwohl sie z.B. „eigentlich“ etwas sicher wissen, können sie dieses Wissen nicht wiedergeben. Um Lehrer auf all diese Zusammenhänge neugierig zu machen, kann man sie fragen: „Was haben Sie als Schüler mit ausgesprochenem Widerwillen gelernt, was Sie heute mit Freude tun?“ Lehrer halten hierbei oft entgegen, dass es aber nun mal gut sei, wenn Schüler auch lernen Dinge zu tun die keinen Spaß machen, dass es ihre Disziplin fördere. Hier ist eine Unterscheidung zwischen Gehorsam und Disziplin hilfreich. Gerald Hüther sagt: „Nur Selbstdisziplin ist Disziplin.“ Jede Form von „Fremddisziplin“ ist demnach Gehorsam. Wenn wir möchten, dass Schüler ihre Selbstdisziplin weiterentwickeln, ist es unumgänglich, dass Schülern dazu eine echte Wahlfreiheit zugestanden wird, was sie lernen wollen, wo sie ihre Energie reinstecken wollen. Es braucht dazu, dass Schüler angeleitet werden sich selbst Ziele zu setzen, die für sie auch realistisch zu erreichen sind. Wenn Menschen erkennen, dass das Erreichen eines Zieles für sie einen besonderen Sinn hat, ihnen wichtige Bedürfnisse erfüllt oder anderen Menschen nützt, die ihnen am Herzen liegen, werden sie womöglich für die Erreichung dieses Zieles auch Dinge tun, die ihnen keinen Spaß machen. Solche Ziele zu erreichen, bereit ihnen womöglich aber eine tiefe Freude, die ihnen weitaus mehr bedeuten kann als vorübergehender Spaß. Schulen mögen daher Gelegenheiten schaffen, in denen Schüler solche Freude am eigenen Leib erleben können. Und Lehrer, die Schüler bei so etwas erleben, sind vielleicht zunehmend davor gefeit sich zum Animateur zu machen, um Lehrplaninhalte Schülern durch didaktische Klimmzüge als Spaß „zu verkaufen“, was zudem immer seltener gelingt, je älter Schüler sind.