Kontakt:
Georgis Heintz
und Jens Hennings
Lehrte
+49 5175 8390 580
georgis@lebendigekommunikation.de
Die Idee, einen Konflikt nicht nur zwischen zwei Menschen, sondern unter Einbeziehung der Gemeinschaft zu lösen, entspricht meiner Vorstellung von nachhaltiger Konfliktlösung. Dadurch erhältt auch das Thema Schuld eine ganz neue Sichtweise.
In der JVA Hannover haben wir über 2,5 Jahre mit etwa 85 Häftlingen zu Anfang ein jeweils 2-, später ein 3-tägiges Projekt durchgeführt.
Danach fragte die JVA Sehnde an, ob wir ein entsprechendes Projekt bei ihnen durchführen möchten. Nach einem Gespräch mit der Leitungsebene haben wir unsere Arbeit in der JVA Sehnde begonnen. Um die Arbeit zu verbreiten und Interessierte zu gewinnen, organisierten wir eine Tagung zum Thema GFK und Gefängnisarbeit. Daraus entstand der Arbeitskreis „GFK und Restorative Justice“.
Projektbeschreibung:
Ziele
– Einen intensiveren Kontakt zu sich und zu anderen herstellen und erhalten
– Konflikte auf eine zufriedenstellende Weise für alle Beteiligten klären
– Ärger ehrlich ausdrücken, ohne anderen oder sich selbst zu schaden
– Aufrichtig mitteilen, was uns bewegt und was wir brauchen
– Kooperation „statt“ Konfrontation
– Wertschätzung für sich und andere wahrnehmen und ausdrücken können
– Die Verantwortung für die eigenen Gefühle und Bedürfnisse erkennen
– Gewaltfreie Strategien zur Erfüllung unserer Bedürfnisse erfüllen
– Ein Erleben von Miteinander-Lernen und -Wachsen / Gruppenprozesse begleitend
erfahren
Zielgruppen
Inhaftierte. Seit Beginn unserer Arbeit suchen wir nach Wegen, auch Justizvollzugsbeamte einzubeziehen.
Zusammenarbeit mit anderen Organisationen
Für die Veranstaltung der Justizvollzugsbeamten arbeiten wir mit dem Gesundheitszentrum
im Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzuges zusammen.
Finanzierung
In der JVA Hannover haben wir das Projekt ehrenamtlich durchgeführt. Auch in Sehnde arbeiten wir ehrenamtlich und bekommen ein „Minihonorar“ (Bezeichnung der Anstaltsleitung) für unser Tun. Ansonsten bieten wir auf unserer Arbeitskreis-Website die Möglichkeit zu spenden.
Qualitätssicherung/Nachhaltigkeit
Ob wir die Nachhaltigkeit gewährleisten können, wissen wir noch nicht. Erst in der JVA Sehnde haben wir die Möglichkeit, Feedback einzuholen. Daß unsere Kurse durch Mund-zu- Mund-Propaganda fast voll sind, bevor die Ausschreibung aushängt, zeigt dass die Teilnehmer einen hohen Nutzen für sich und andere sehen. Ebenfalls deutet auf Nachhaltigkeit hin, dass die schriftliche Befragung der TN 4 resp. 8 Monate nach Kursende viele Veränderungen bei sich wahrnehmen. Durch das Angebot der Vertiefung erhöhen wir die Nachhaltigkeit.
Das Feedback aus der JVA Sehnde ist unspezifisch und ausgesprochen positiv. Mit den TN vereinbaren wir zu Beginn des Kurses gemeinsam Erfolgskriterien für den Kurs. Diese Kriterien werden zwischendurch und am Ende auf ihre Erreichung abgefragt. Die Evaluation erfolgt mit großem zeitlichen Abstand zum Kursende.
Welche Lernerfahrungen gibt es für weitere Projekte?
– Die Arbeit ist sinnvoll und für die Inhaftierten und uns bereichernd.
– Um nachhaltige Veränderungen im System zu erreichen, ist es sinnvoll, die Bediensteten in das Angebot mit einzubeziehen.
– Es ist sinnvoll, eine Übungsgruppe bzw. Vertiefungskurse für Interessierte durchzuführen.
– Mehr Infos über mögliche Finanzierung erhalten
– Mehr Menschen erreichen, die selbsttätig eigene Projekte durchführen
restorative circles
Georges Heintz: Ich habe bereits von einem Workshop mit Dominic Barter aus Brasilien zum Thema restorative circles berichtet. Die Idee, einen Konflikt nicht nur zwischen zwei Menschen, sondern unter Einbeziehung der Gemeinschaft zu lösen, entspricht meiner Vorstellung von nachhaltiger Konfliktlösung. Dadurch erhält auch das Thema Schuld eine ganz neue Sichtweise. Besonders inspiriert bin ich davon, dass Dominic die Konfliktbeteiligten nicht als „Täter“ und „Opfer“, sondern als „Sender“ und „Empfänger“ bezeichnet. Auch hierbei geht es für mich darum, die Sichtweise über Schuld zu verändern und zu erneuern.
Auch die veränderte Strategie, einen Konflikt innerhalb eines Kreises zu klären spricht mich sehr an. Der Gedanke, dass mehrere Menschen zusammen kommen, um gemeinsam einen Weg zu finden hat etwas tröstliches.
..weil es eben nicht darum geht, jemanden an den „Pranger“ zu stellen, sondern Verbindung zu schaffen, gehört und verstanden zu werden- und aus der Verbindung heraus, Wege zu finden, dass es „besser“ geht.
Während des Worshops hat Dominic uns drei Fragen gestellt:
- Wo ist in eurem Umfeld die „kleine Flamme“ – wo habt ihr schon funktionierende Strategien für Konflikte?
- Was klappt noch nicht so gut? Was ist verbesserungs/veränderungswürdig?
- Was habt ihr für Visionen, wie Konfliktlösung im Optimum aussehen könnte?
Spannend war, dass zu der dritten Frage antworten kamen, die immer wieder den Ansatz von restorative justice- und, als Teil dessen, restorative circles bestätigten. So wurde sehr offensichtlich, dass der Wunsch nach Veränderung da ist.
Ich hoffe, dass noch mehr Menschen durch diesen Ansatz inspiriert werden, um Veränderung, Entwicklung und Wachstum möglich zu machen.
Ein kurzer Überblick über die Phasen eines restorative circle
Wenn ein Restorative System etabliert ist, kann jedes Mitglied der Gemeinschaft einen Restorative Circle Prozess initiieren. Er ist in drei Phasen aufgegliedert.
Pre-Circle
Vorbereitung
Der Initiator eines Restorative Circle Prozesses trifft sich mit einem Begleiter. Welcher Akt steht im Fokus des Circles? Was wurde gesagt oder getan? Welche Bedeutung hat dieser Akt? Wer wird beim Kreisgespräch gebraucht, um den Konflikt zu ? Auf wen wirkte sich die Ausgangsaktion direkt oder indirekt aus?
Der Begleiter lädt alle genannten ein und erläutert auch ihnen den Prozess, der die Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt.
Restorative circle
Die Teilnehmer betreten den Circle.
Die Bedürfnisse von allen sind willkommen. Drei Fragen dienen als Leitfaden:
1. Was ist jetzt noch lebendig in Dir in Bezug auf das, was passiert ist?
2. Welche Bedürfnisse hast Du im Moment des Handelns versucht zu befriedigen?
3. Was möchtest Du, das JETZT in Bezug auf die Aktion passiert?
Alle Beteiligten erstellen gemeinsam einen Aktionsplan und einigen sich auf einen Zeitplan für die Ausführung.
Post-circle
Auswertung
Die Teilnehmer des Restorative Circle kommen wieder zusammen um die Wirksamkeit des Aktionsplan zu untersuchen: Welche vereinbarten Aktionen waren erfolgreich? Gibt es noch unerfüllte Bedürfnisse, die durch einen weiteren Aktionsplan erfüllt werden können?
An Introduction to Restorative Circles (German) from Restorative Circles on Vimeo.